Aufwind

Jan Erik Parlow

MATINEE: 22.09.2024 – 11 Uhr

Hi ihr Sonntagsvormittagskaffeesüchtelinnen …

Wieder ein Protagonist, der den beherzten Schritt ins wahre Künstlerdasein MIT Öffentlichkeitskontakt wagt. Unter all den vermutlich zahllosen unsichtbaren Begnadeten, deren eigene Messlatte und Perfektionismus, respektive unterentwickeltes Alpha-Tum es ihnen schwer macht, Begabung und Talent dem eigenen Glücksempfinden zugute angemessen zu zelebrieren (erstaunlicherweise oft Grafikdesigner und Artverwandte), freuen wir uns ganz besonders auf unseren geschätzten Jan Erik Parlow.

Jan erblickt 1975 im schönen Krefeld das Licht der Welt, studiert ab 1999 Kommunikationsdesign an der Folkwang-Schule zu Essen, 2002 via Erasmus in Göteborg, mit dem Schwerpunkten freie Illustration, Zeichnung, Buchgestaltung und … Druckgrafik (Lithografie/ Tiefdruck).

2005 absolviert er das Studium mit Auszeichnung bei Prof. Sabine Tschierschky und Volker Küster und erhält 2006 ein Stipendium der Aldegrever Gesellschaft für seine Arbeit im Atelier für künstlerischen Steindruck bei Christian Müller. Ebenfalls ab 2006 wird er Dozent für Grafik und Druckgrafik und Werkstattleiter der Druckgrafik an der Freien Akademie der bildenden Künste Essen (Fadbk). Seit 2013 ist er Lehrbeauftragter für besondere Aufgaben und Werkstattleiter der Druckgrafik an der Hochschule der bildenden Künste Essen (HBK).

Wir und Jan finden: Nach diversen Ausstellungsbeteiligungen ist es endlich Zeit für Aufwind, für eine weitere Solo-Show! (Die erste ist lang, lang her)
Die wir nun dankbar inklusive großem Vergnügen ausrichten dürfen. Und da es immer wesentlich schöner ist, persönliche Worte statt Galeristen-Sermon zu lesen, starten wir mit etwas O-Ton des Künstlers:

„Mir liegen die Besonderheiten der sinnlichen und meditativen Druckprozesse sehr am Herzen. Ihnen liegt eine unglaubliche Ruhe zu Grunde, nach der ich strebe. Die inhaltliche Fragestellung im gestalterischen Schaffen – auf dem Stein oder auf der Platte (Radierung) – werden oft beeinflusst durch die entstehende Kontemplation beim Drucken in der Werkstatt. Die Synergien zwischen Gestaltung und Produktion ermöglichen ein breites Spektrum an Themenwelten, in das ich zeichnerisch und malerisch eintauche.

Zudem sind Seltenheit und Ästhetik eines Steindrucks für mich nach wie vor Gründe des ständigen Staunens.
Oberflächen sind erfühlbar, die Menge der Farbe auf der Walze und später auf dem Druckstock ist hörbar, die Präzision und Feinheit der Druckfarbe auf dem Papier in Mikro und Makro sichtbar. 
Zeichnung, Malerei, Typografie, Fotografie, Collage und viele andere Techniken lassen sich auf dem Stein oder auf der Radierplatte vereinen – für mich das perfekte Medium.“

Danke Jan!

Diskussionen rund um die Künstliche Intelligenz in der Kunst sind ja gerade omnipräsent und werden von diversen Seiten leidenschaftlich und mit offenem Visier geführt. Aber wir wissen: Was geht, wird eh gemacht. Und am Ende sehen wir ja im Grunde auch nur neue Werkzeuge, die sich Kreative zu nutzen machen oder es lassen können. Und wenn Unkreative diese Werkzeuge nutzen, wird das eh – wie immer – nix.
Erscheint ein KI-Werk originell und qualitativ herausragend, gibt es meist vorher einen Menschen, der diese Qualität erkannt und selektiert hat. Alles andere ist Zufall und meist Kitsch. Von daher – wir werden nicht überflüssig. Wir bleiben Entscheider über Qualität – wenn wir wollen.
Und gegen eine breite, geschmacksbefreite Masse haben Kreative aller Epochen immer gekämpft. Mit oder ohne KI.

Warum schreiben wir das? Weil wir glauben, dass Bewegungen auch immer Gegenbewegungen erzeugen. Und sind wir ehrlich – die Frage nach dem Training und dem Klauen von Kunststilen durch die KI ist doch müßig. Klar, ich kann dann Onkel Wilfried vielleicht so ein bisschen wie von Leonardo oder Vincent generieren lassen … aber weder hat das Ergebnis eine Haptik noch sonst eine handwerkliche Komponente. Es bleibt ein Klischee, das ich für die Küche ausdrucken kann. Onkel freut sich. Fertig. Wems genügt – bitte. Kein Verlust für den realen Künstler. In dieser Küche möchte man doch nicht hängen.

Umso großartiger wird es, wenn man sich die Werke von Jan anschaut – ja, es sind „Drucke“, aber halt keine Drucke aus einer digitalen Maschine. Es sind Meisterwerke traditioneller händischer Techniken, die mit der gleichen Leidenschaft und Intuition angewendet werden, wie Pinsel oder Spachtel.

Und das sieht und spürt man am Farbauftrag, an Schraffuren, Texturen, an der Reaktion des Papiers, am Geruch – die Arbeiten leben, atmen, sind unikat. Selbst innerhalb der (sehr kleinen) Auflagen gibt es keine zwei gleichen Versionen. Redet man mit Jan über sein Schaffen, über die Prozesse, dann spürt und hört man stets die Inbrunst, die Präzisionslust, die Verbindung zu den Abläufen, Mechaniken und Materialien.

Im Grunde steht man in diesem Moment neben dem Künstler in der Werkstatt und ist Teil des visuellen und olfaktorischen Prozesses. Beim Sichten der Werke wurde uns ob der schieren Menge und gezeigten Bandbreite ganz blümerant zumute. Filigrane Studien, elegant-leichte Abstraktionen, aber auch brachiale figürliche Darstellungen und Szenerien gehen Hand und generieren bei uns ad hoc die Frage, wie viele einzelne Ausstellungen da vor uns liegen, respektive, wie schaffen wir eine angemessene und repräsentative Auswahl für die Kommende? Und er Tat waren wir von Umfang und Qualität der Arbeiten wirklich erschlagen, mussten uns danach erstmal hinlegen. Chapeau. Das hat bisher noch niemand geschafft.

Aber bevor wir jetzt komplett in die Schwärmerei abdriften und uns hinterher wieder Beschwerden über zu üppiges Textwerk erreichen – kommet und STAUNET. Gebt Jan den Aufwind, den er verdient!

Wir freuen uns auf einen zauberhaften Vormittag.
Bis dahin,

Jan, Jesus und Chris


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